Mediendiät in der PandemieLieber Papier als News-Feed

In der Coronapandemie vertrauen Menschen klassischen Nachrichtenorganisationen deutlich mehr als sozialen Medien. Das hat eine Untersuchung des Reuters-Instituts für Journalismusforschung festgestellt. An Verschwörungsideologien glauben offenbar nur die wenigsten.

Mit Zeitungen gegen Desinformation
Klassische Medien informieren besser über das Coronavirus als soziale Medien. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Roman Kraft

Wer sich vorrangig in sozialen Medien oder über Messenger-Apps informiert, ist eher anfällig für Desinformation rund um das Corona-Virus. Dies ist bei Nachrichten aus klassischen Medienhäusern, etwa Zeitungen oder TV-Sendungen, signifikant weniger der Fall, hat eine Untersuchung des Reuters-Instituts für Journalismusforschung an der Universität Oxford herausgefunden.

In acht Ländern, darunter Deutschland, Südkorea und den USA, haben die Forscher:innen insgesamt knapp 11.000 Menschen zu ihrem Medienkonsum befragt. Die vom Meinungsforschungsinstitut YouGov durchgeführte Online-Untersuchung soll repräsentativ sein und wurde Ende April vorgenommen.

Demnach sind herkömmliche Nachrichtenorganisation in beinahe allen untersuchten Ländern die Hauptinformationsquelle zum Coronavirus. In Deutschland informieren sich dort 39 Prozent aller Befragten, dahinter folgen Wissenschaftler:innen und Gesundheitsexpert:innen mit 30 Prozent. Politiker:innen liegen mit 10 Prozent deutlich darunter.

Wenig Vertrauen in soziale Medien

Expert:innen schenken dabei rund zwei Drittel der Deutschen ihr Vertrauen, 58 Prozent der Befragten vertrauen nationalen Gesundheitsorganisationen, etwas mehr als die Hälfte stützt sich auf Nachrichtenorganisationen. Informationen aus sozialen Medien, Messenger-Apps und Video-Plattformen glauben hingegen nur 15 bis 18 Prozent, Suchmaschinen rund ein Drittel aller Befragten.

Diese Kluft ist in vielen anderen Ländern deutlich kleiner. So vertrauen etwa in den USA nur 43 Prozent der Befragten klassischen Nachrichtenorganisationen, dafür aber 21 Prozent sozialen Medien. Ähnlich sieht es in Spanien aus. In den südamerikanischen Ländern Argentinien und Brasilien wird Nachrichten aus Online-Diensten signifikant mehr geglaubt, Suchmaschinen übertreffen dort sogar herkömmliche Medien.

Erst gestern hat die EU-Kommission ein Maßnahmenpaket gegen Desinformation auf Facebook, Youtube und Co. vorgestellt. Ein erweiterter Verhaltenskodex für solche Diensteanbieter, der künftig auch für Messenger-Dienste gilt, soll die Ausbreitung von Fehlinformationen eindämmen und vor allem dafür sorgen, dass damit kein Geld verdient wird.

Verschwörungsideologien in der Minderheit

Der aktuellen Umfrage zufolge scheint sich jedoch nur wenig festgesetzt zu haben. Nur wenige glaubten fünf konkrete, falsche Thesen – etwa, ob Corona-Impfstoffe Schweinefleisch enthalten oder Krebs verursachen. Mit 16 Prozent liegt in Deutschland der Anteil derjenigen vergleichsweise hoch, die der Meinung sind, dass die Impfstoffe die DNA verändern. Allerdings antworteten die meisten, nicht zu wissen, ob die jeweiligen Aussagen stimmen oder nicht.

Obwohl nur eine Minderheit der Bevölkerung Verschwörungsideologien zugeneigt ist, kann sie dennoch die Debatte entscheidend beeinflussen. So zeigte jüngst eine interne Facebook-Studie, dass eine sehr geringe Zahl von Impfgegner:innen eine große Anzahl anderer Menschen auf der Plattform verunsichern kann.

Nachrichtenorganisationen hätten eine wichtige Rolle dabei gespielt, Menschen durch die weiter andauernde Pandemie zu helfen, heißt es nun in der Untersuchung des Reuters-Instituts, welches maßgeblich von der Google News Initiative finanziert wird. Es gebe aber „echte Probleme“ beim Zugang zu seriösen Nachrichtenquellen, insbesondere bei jüngeren Menschen oder solchen mit geringerem Bildungsgrad.

4 Ergänzungen

  1. Ja, gegen den Datenkapitalismus habe ich auch etwas. Aber deshalb gleich wieder zurück zum Papier halte ich für falsch. Die Tonnen an Papier, die jedes Jahr verbraucht werden, auch wenn das meiste recycelt wird, halte ich für eine ziemliche Resourcen- und Umwelt-Verschwendung. Ich liebe RSS-Feeds. Hier bekomme ich meine Nachrichten, die ich mir selber gewählt habe. Und diese Feeds sind auch nicht zurückverfolgbar und spionieren mich somit auch nicht aus. Darum sind sie bei Datenkraken auch so unbeliebt und werden zu Unrecht verunglimpft.

    1. Gut das ist jetzt wieder die Frage Papier vs. Strom.
      Das Betreiben des Server ist ja auch nicht besser solange der Strom nicht 100% grün ist.

      Ansonsten kann ich dir zum RSS-Feed nur zustimmen. Ich möchte das Ding auch nicht mehr missen.

    2. @Horst Meyer: „Ja, gegen den Datenkapitalismus habe ich auch etwas. Aber deshalb gleich wieder zurück zum Papier halte ich für falsch.“

      Nein. Doch. Genau darum.
      Wenn ich im Briefkasten ein Verlagsdokument habe, lese ich 194 Seiten. Sporadisch, Durchgehend, Wiederholt. Auch noch nach Jahren. Keiner weiss das. Nur ich.

      Versuch das mal bei Heise Online.
      Ich behaupte 90% ALLER(!) Artikel werden mit personenbezogenen Daten verbunden. Jeder +Artikel wird nur freigeschaltet, wenn Du Deine Identität preisgegeben hast. Und jeder von Dir aufgerufene Artikel wird auch nur Dir zugeordnet.

      Spätestens wenn sich der Newsletter jeden Morgen meldet und jedem Artikel eine ID zugeordnet ist, die in Teilen der ID Deines Abmeldelink entspricht, sollten sich Dir die Nackenhaare hochstellen.

      Wieviele (Server-)Ressourcen – auch von Drittanbietern(Werbung) – wird denn tatsächlich eingesetzt? Da werden für das ausliefern von Werbung HöchstverfügbarkeitsLösungen eingesetzt!
      Im Bereich von ms (MIlliSekunden!) werden Werbeplätze an Höchstbietende verkauft!
      Es ist doch nicht DAS eine Rack in irgendeinem RZ.
      Da laufen 24/7 tausende(!) – und die grüneStromGeschichte ist doch eh nur erkaufter ZertifikateIrrsinn.

  2. Ich verstehe die Formulierung „Vertrauen in soziale Medien“ immer nicht.

    Klassische Medien auf Totem Baum haben ein Redaktion und damit eine gewisse zentrale Kontrolle. Der kann man vertrauen, wenn man das unbedingt will, aber idR checke ich Quellen, denn auch Redaktionen veroeffentlichen gewollt oder versehentlich oft genug falsches oder zumindest verzerrtes. Die „sozialen Medien“ haben keine Redaktion, da kann man nichts vertrauen, und natuerlich ist da auf jeden Fall viel Korrektes und jeder Quatsch unterwegs.

    Man kann natuerlich einem Autor vertrauen, unabhaengig vom Medium, und da schneiden soziale Medien idR wesentlich besser ab, denn es werden Quellen verlinkt, der Beitrag wird kommentiert, und es pfuscht keine Redaktion rein.

    Wie so oft ist eine Untersuchung so ausgelegt, dass sie die Interessen der etablierten Player unterstuetzt. Wer im 21sten Jahrhundert einem Medium vertraut, ist kein muendiger Buerger, das haben die etablierten Medien versemmelt (sowas wie B*LD oder welt war natuerlich nie dabei).

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